Fallstudie zeigt: Roboter in der Nanopartikelproduktion – zuverlässig, schnell und sicher
Was sonst im Labor Stunden dauert, lästige Wartezeiten und viele Fehlerquellen beinhaltet, schafft nun ein Roboter in kürzerer Zeit, gut digital dokumentiert und mit hoher Reproduzierbarkeit. Die Automation von Syntheseprozessen für Nanopartikel kann ein Meilenstein für die Nutzung neuer therapeutischer und diagnostischer Medizinprodukte sein – und gleichzeitig die Arbeitssicherheit erhöhen und hochqualifiziertes Laborpersonal von eintönigen Routinen entlasten.
Biofunktionalisierten Nanodiagnostika und -therapeutika wird schon seit geraumer Zeit eine geradezu revolutionäre Rolle bei der zukünftigen Bekämpfung von schweren Erkrankungen wie beispielsweise Krebs vorausgesagt. Funktionelle Nanopartikel mit speziellen optischen oder magnetischen Eigenschaften, biofunktionalen Oberflächen zum Erkennen von Antigenen und/oder Wirkstoffbeladung erfahren tatsächlich in der Biomedizin immer größere Nachfrage. Doch für einen regulären Einsatz als Medizinprodukte müssen sie strenge Voraussetzungen erfüllen. Wesentlich ist hier vor allem die zuverlässige Reproduzierbarkeit der Nanopartikel mit genau den gewünschten Eigenschaften. Dafür wird ein robuster und präziser Produktionsprozess nach internationalen Standards benötigt, der skalierbar, idealerweise kostengünstig und auch noch zu jederzeit steuerbar ist, um die höchstmögliche Qualität zu sichern.
Dem gegenüber stehen die in der Regel manuellen Synthese- und Verarbeitungsprozesse, die in hochspezialisierten Labors in kleinem Maßstab durchgeführt werden. Auch bei sehr erfahrenen Spezialisten können hier mitunter Abweichungen oder eine unterschiedliche Auslegung von Syntheseprotokollen vorkommen. Sollen Nanopartikel in größerem Maßstab produziert werden, müssen entsprechende Routinen oft hintereinander durchgeführt werden, was ebenfalls Fehlerrisiken birgt. Darüber hinaus erfordern die Dokumentationsvorschriften eine sorgfältige Erfassung aller relevanten Produktionsdetails und auch damit wieder Arbeitszeit.
Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC hat als versiertes Materialforschungsinstitut hier das Potenzial für eine Automatisierung der Partikelsynthese gesehen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts APRONA wurden bereits Syntheseprotokolle für einen robotergestützten, vollautomatischen Produktionsprozess entwickelt und umgesetzt.
Nach dem Ende des Projekts APRONA wurde das System nun von den Partnern Fraunhofer ISC und Goldfuß engineering GmbH in einer Fallstudie im direkten Vergleich mit erfahrenen Laborkräften getestet. Sie führten die gleichen Synthesen wie der Laborroboter manuell durch. Als Modellsystem wurden Silica-Partikel mit einem Durchmesser von 275 Nanometer gewählt, wie sie auch für die Diagnostik oder für therapeutische Zwecke als Grundlage genommen werden. Die manuelle Synthese wurde nach einer definierten Standard Operating Procedure (SOP) von drei verschiedenen erfahrenen Laborangestellten durchgeführt. Die gleiche SOP war auch Grundlage für das Syntheseprotokoll des Zweiarm-Roboters. Beurteilt wurden die Zeit für die komplette Syntheseprozedur, die Größenverteilung der Partikel sowie die Reproduzierbarkeit bzw. Abweichung von den Sollwerten bei der Partikelgröße und der Polydispersität – damit ist die Bandbreite der Partikeleigenschaften in einer Syntheselösung gemeint. Danach schnitt »Kollege Roboter« in allen drei Bereichen besser ab: Die Partikelchargen, die automatisch produziert wurden, zeigten eine geringere absolute Abweichung wie auch eine geringere Polydispersität in Bezug auf die gewünschten Partikeleigenschaften. Außerdem benötigte der Roboter nur rund die Hälfte der Zeit für die Herstellung. Darüber hinaus bietet die robotergestützte Herstellung weitere Vorteile. Die Arbeitssicherheit wird verbessert, da der direkte Kontakt zwischen Mensch und Chemie bei der Synthese noch besser vermieden wird. Die Dokumentation erfolgt automatisiert und digital, was für die Erfassung und Analyse in Datenbanken sowie für die Regulatorik enorm wichtig ist.
Damit ist offensichtlich, dass eine automatisierte Partikelsynthese nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich interessant ist. Die von Fraunhofer ISC und Goldfuß aufgebaute Anlage ist zudem modular und kann deshalb flexibel an neue Aufgaben angepasst werden. Eine gute Nachricht nicht nur für kommerzielle Hersteller und Anbieter von Partikeln für Diagnostika, Kontrastmittel, sondern auch für die Medizinforschung und Medizinproduktentwicklung.